Was bedeutet Projekt 20?
Der Gegenstand von Projekt 20 besteht darin, die Regelstundenzahl vollbeschäftigter Lehrkräfte an Gymnasien im Saarland auf 20 Stunden zu senken.
Warum ausgerechnet 20 Stunden?
Eine Unterrichtsstunde verursacht für die Lehrerin bzw. den Lehrer am Gymnasium ziemlich genau zwei Stunden Arbeit. Selbst dann, wenn Vor- und Nachbereitung eventuell etwas schneller gehen, fressen außerunterrichtliche Aufgaben wie z.B. Konferenzen, Elternberatungen, Bürokratie u.v.m. den Zeitgewinn auf. Mit einer Regelstundenzahl von 20 haben Lehrkräfte an Gymnasien eine realistische Chance, in der Gesamtbelastung (inklusive Ferien) annähernd die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit von 40 Stunden pro Arbeitswoche einzuhalten.
Sollen Lehrkräfte in Zukunft nach der Stechuhr arbeiten?
Wenn es nach Recht und Gesetz geht: ja. Die individuelle, minutengenaue und vollständige Erfassung der Arbeitszeit (und deren Einhaltung!) ist nach geltendem Recht die Pflicht jedes Arbeitgebers und Dienstherrn. Sobald die Kultusminister ihre gegenwärtige Verzögerungstaktik aufgeben müssen, schlägt das Gesetz (Beamtenrecht und Tarifverträge) voll durch – mit unabsehbaren Folgen. Projekt 20 schafft vorausschauend die Rahmenbedingungen, die nötig sind, um einen geordneten Schulbetrieb unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und zukunftssicher möglich zu machen.
Wieso ist die Regelstundenzahl überhaupt zu hoch?
Früher betrug die Regelstundenzahl 24 – bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden im sonstigen Öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft. Mittlerweile wurde die Arbeitszeit im Öffentlichen Dienst auf 40 Stunden gesenkt, in vielen Bereichen der Wirtschaft auf noch weniger. An Gymnasien im Saarland dagegen wurde die Regelstundenzahl auf 26 erhöht. Mit Projekt 20 erhalten die Lehrkräfte an Gymnasien nur genau das, was alle anderen schon längst haben.
Geht es bei Projekt 20 um „Dienst nach Vorschrift“?
Nein. Dass Lehrkräfte eine hohe Belastung in Kauf nehmen müssen, wissen alle, die sich für den Beruf entscheiden. Alle wissenschaftlichen Studien belegen: Dazu sind die Lehrkräfte aufgrund ihrer Berufsauffassung („Idealisten“) auch bereit. Probleme entstehen aus dem Mix von ungünstigen Arbeitsbedingungen (Lärm, Technik, Gestaltung der Arbeitsplätze), hoher Belastung (Fehlen von Pausen, intensive fachliche und soziale Beanspruchung, umfangreiche unterrichtsfremde Aufgaben) und zu großer zeitlicher Inanspruchnahme (an saarländischen Gymnasien 46 Stunden pro Woche einer Vollzeit-Lehrkraft, vgl. LaiW-Studie!). Die Regelstundenzahl auf 20 zu senken ist das wirksamste Mittel, die Gesamtbelastung aus dem Belastungsmix auf ein sachgerechtes Maß zu senken.
Warum eine Senkung der Regelstundenzahl für alle Lehrkräfte?
Arbeitszeit und -belastung sind je nach Unterrichtsfach unterschiedlich. Sie sind aber auch unterschiedlich je nach Zahl der zu unterrichtenden Klassen, nach Klassenstufe und Wochenstundenzahl, nach Anforderungsniveau (Anfangsunterricht oder Leistungskurs), nach äußeren Bedingungen (Lärmbelastung, Klassenraumsituation) und nach vielen anderen Kriterien. Für praktisch alle Lehrkräfte gilt: Ein Teil ihrer Unterrichtsverpflichtung bringt hohe, ein anderer Teil sehr viel höhere Belastungen mit sich.
Eine selektive Senkung der Stundenzahl wäre in den meisten Fällen nicht mehr als ein Linke-Tasche-Rechte-Tasche-Spiel. Die Wahrheit ist einfach: Die Belastung ist aktuell für alle Lehrkräfte (individuell unterschiedlich) zu hoch und muss deshalb auch für alle Lehrkräfte gesenkt werden.
Woran zeigt sich die zu hohe Arbeitszeit?
Hauptsächlich am Fehlen von Pausen zur Regeneration. Alle wissenschaftlichen Studien zeigen: Die Lehrkräfte haben weder wochentäglich noch am Wochenende Zeit, um „runter zu kommen“. Auffallend viele schlafen schlecht und zeigen Überlastungssymptome. Eine Konsequenz davon ist, dass Lehrkräfte zunehmend ihre Arbeitszeit individuell senken, z.B. durch Teilzeitvereinbarungen, weil sie unter der gegebenen Belastung ihren Beruf nicht so ausüben können, dass sie ihre eigenen Erwartungen an sich selbst genügen würden. Zugleich steigt der Krankenstand. Außerdem rollt eine neue Welle von frühzeitigem Ausscheiden aus dem Dienst, sei es „freiwillig“ oder wegen Krankheit durch die Gymnasien, nachdem der Anteil an Frühpensionierungen in der Vergangenheit zeitweise zurückgegangen war. Man kann leicht vorhersehen, dass das mit der absehbaren Alterung der Kollegien stark zunehmen wird.
Kann der Unterricht an Gymnasien noch stattfinden, wenn Projekt 20 realisiert wird?
Ja. Modellrechnungen zeigen, dass an einem mittelgroßen Gymnasium genügend Lehrerwochenstunden übrig bleiben, um den Fachunterricht abzudecken. Es bleibt sogar eine kleine Reserve.
Wieso reicht das Unterrichtsvolumen mit Projekt 20 für den Fachunterricht?
In der Praxis stecken an Gymnasien massenhaft Unterrichtsstunden in Form von Abordnungen, Stundenvergütungen und ähnlichen Konstruktionen in unterrichtsfremden Tätigkeiten. All‘ diese Aufgaben werden praktisch gesehen auf dem Rücken der Unterrichtsarbeit aller verteilt.
Darf ich bei Projekt 20 dann keine Teilzeit mehr machen?
Doch. Auch Teilzeit wird in Zukunft möglich bleiben. Wer aktuell weniger als 20 Stunden unterrichtet, kann problemlos dabei bleiben. In den Modellrechnungen, die Projekt 20 zugrunde liegen, ist das auch genau so berücksichtigt.
Was passiert mit Schulverwaltungsaufgaben, z. B. Schulleiter oder Stellv. Schulleiter?
Es kann alles bleiben wie bisher. In den Modellrechnungen für Projekt 20 bleibt genügend Reserve, um Verwaltungsaufgaben im gleichen Umfang zu personalisieren wie vorher.
Was ist mit Stunden für das Kollegium?
Projekt 20 fordert einen „Gerechtigkeits-“ und einen „Zukunftstopf“. Jedes Gymnasium soll Personalzuweisungen erhalten, aus denen (wie bisher) für einen Ausgleich ungerecht hoher Belastungen und auch Maßnahmen für zukunftsorientierte Weiterentwicklung (der Schüler und der Schule, z.B. durch Begabtenförderung und AGs) finanziert werden. In diesen Mitteln liegen die Zusatzkosten, die Projekt 20 verursacht. Dafür sind wir bereit zu streiten.
Was ist in Projekt 20 mit Zusatzaufgaben?
Außerunterrichtliche Zusatzaufgaben wie z.B. Abordnungen etc. sind in Projekt 20 nicht berücksichtigt. Projekt 20 fordert eine Überprüfung dieser Aufgaben: Wenn der Dienstherr der Meinung ist, dass diese Aufgaben in gleicher Weise erfüllt werden sollen, muss er entsprechende Mittel bereitstellen. Das kann entweder durch zusätzliches Personal geschehen oder durch Gewährung zusätzlicher Anreize für Mehrarbeit über die 20 Wochenstunden hinaus. Z.B. könnten die Stunden durch eine angemessene Vergütung bezahlt werden.
Gibt es überhaupt genügend Lehrkräfte für Projekt 20?
Ja. Die Modellrechnungen beweisen: Den Fachunterricht kann man schon mit dem vorhandenen Personal auch bei einer Regelstundenzahl von 20 abdecken. Zusätzliche Köpfe werden für zusätzliche und unterrichtsfremde Aufgaben gebraucht. Wenn das Saarland entschlossen voranschreitet und die Regelstundenzahl auf das vernünftige Maß von 20 festlegt, wird sich die Bewerbersituation im Saarland, ganz besonders was Bewerberinnen und Bewerber aus anderen Bundesländern angeht, deutlich verbessern. Damit ist das Problem des Lehrermangels keines mehr.
Wie soll Projekt 20 verwirklicht werden?
Projekt 20 muss nicht auf einen Schlag kommen. Es ist leicht möglich, die Regelstundenzahl schrittweise (z.B. dreimal um jeweils zwei Stunden in aufeinanderfolgenden Jahren) zu senken. Damit kann die notwendige Anpassung in den außerunterrichtlichen Aufgaben ebenso schrittweise und sachgerecht vorgenommen werden.
Möglich ist weiterhin wie bisher, zeitlich befristet und selbstverständlich auf freiwilliger Basis die Pflichtstundenzahl von einzelnen Lehrkräften höher festzulegen. Das kann gewollt sein, um beispielsweise bei einer schrittweisen Einführung in der Übergangszeit Personalisierungsprobleme zu überbrücken.